Mobilität
Teilhabe für alle
Wenige Themen polarisieren in der öffentlichen Wahrnehmung so sehr wie das Thema Mobilität. Während wenige Akteure eine bewusste Zuspitzung betreiben, sind wir sicher, dass die breite Mehrheit der Menschen nicht nach „Schwarz-Weiß-Antworten“ sucht, sondern sich ein aufeinander abgestimmtes Verkehrskonzept wünscht.
Denn die Sicherung der Mobilität in unserer Stadt ist die Grundlage für alle hier lebenden Menschen, um ihr Leben eigenverantwortlich und mit Unterstützung gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Die eigene Mobilität darf nicht von der Dicke des Geldbeutels oder vom Wohnort abhängen. Wir wollen daher einerseits dort Mobilitätsangebote fördern, wo es Angebotslücken gibt, und andererseits insbesondere die Mobilitätsformen fördern, von denen möglichst alle Bürgerinnen und Bürger von Aachen profitieren. Der Sozialentwicklungsplan soll durch unsere Anregung auch Aufschluss über die Mobilitätsarmut in Aachen geben.
Das Miteinander im öffentlichen Raum verlangt Respekt und Wertschätzung und die Bereitschaft zur Kommunikation. Das heißt: Mobilitätspolitik dient allen Altersgruppen, beeinträchtigten und nicht beeinträchtigten Personen und berücksichtigt alle Verkehrsträger.
Eine soziale Mobilitätspolitik, die die Bedürfnisse von Fußgänger:innen, ÖPNV-Nutzer:innen, Radfahrer:innen und Autofahrer:innen aufeinander abstimmt, braucht Austauschformate aller Verkehrsträger, zum Beispiel in zeitlichen Abständen tagende Runde Tische. Voraussetzung hierfür ist eine integrative Verkehrs- und Raumplanung von Politik und Verwaltung wie in den Niederlanden, die maßgeschneiderte Lösungen für ein gedeihliches Miteinander fördert. Bei allen Planungen muss gezielt die Vernetzung in der Aachener Region im Blick bleiben, sodass wir Verkehrsplanung im Schulterschluss mit unseren Nachbarkommunen betreiben.
Maßstab für alle Maßnahmen ist die persönliche Sicherheit der Verkehrsteilnehmer:innen - beginnend mit der meistgefährdeten Gruppe der Fußgänger:innen, den Nutzer:innen des Öffentlichen und des Schienenpersonennahverkehrs, den Radfahrer:innen und den Nutzer:innen von Kraftfahrzeugen wie PKW, LKW und Motorrad.
Fußverkehr und Aufenthalt
- Fußverkehr ist der Startpunkt für alle Wege in Aachen. Ob zum Autoparkplatz, zur Bushaltestelle, zum Bahnhof, zur Fahrradgarage: Jeder Weg beginnt zu Fuß.
- Wir brauchen breite, barrierefreie Gehwege mit einem durchgängigen Leitsystem aus Rippen- und Noppenplatten, wie es die DIN als Hauptelemente vorsieht.
- Querungen sollen möglichst immer als getrennte Querungen ausgeführt werden, so wie es die DIN ebenfalls als Hauptelement vorsieht.
- Wir machen Gehwege und Fußgängerzonen frei:
- Für Fußgänger:innen ist die konfliktfreie Nutzung von Gehwegen und ihnen gewidmeten Verkehrsflächen vorrangig. Andere Verkehrsteilnehmer:innen sind hier höchstens Gäste und nachrangig zu behandeln.
- Fahrradbügel und Fahrradparkhäuser, um das wilde Parken an Laternenpfählen einzudämmen.
- Abstellflächen für eScooter mit eindeutigen Verbotszonen, damit niemand mehr über einen umgeworfenen eScooter stolpert.
- In der Innenstadt leiten wir den durchfahrenden Radverkehr auf den Grabenring als Radverteilerring um.
- Grundsatzbeschluss zum Gehwegparken dort umsetzen, wo Gehwege zu schmal sind.
- Wir wollen die Lücken zwischen bisher getrennten Fußgängerzonen schließen und mehr Platz für Aufenthalt und Schlendern schaffen.
- Gehwege überqueren Straßen so oft wie möglich auf gleichbleibender Höhe und sind als Gehwegüberfahrten gestaltet.
- In Aachen gibt es rund 2000 Sitzbänke. Wir wollen, dass es mehr werden. Die neuen Sitzbänke an den Premiumfußwegen sind ein voller Erfolg. Ob als Mullebank, als Treffpunkt oder für die Verschnaufpause - unter dem Motto „1000 neue Sitzbänke für Aachen“ wollen wir die Bürgerinnen und Bürger nach Vorschlägen für neue Standorte fragen. Die neuen Sitzbänke sollen dann Schritt für Schritt aufgebaut werden.
Bus und Bahn
- Ausweitung der Hauptverkehrszeit, bessere Bedienung am Wochenende und preisliche Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung sozialer Aspekte.
- Verbesserung der Pünktlichkeit im Busverkehr durch Ampel-Beeinflussung aller Lichtsignalanlagen auf ÖPNV-Achsen.
- Verbesserung der Reisegeschwindigkeit im Busverkehr durch neue, konfliktfreie Busspuren auf den ÖPNV-Hauptachsen (z.B. Roermonder Straße). Neue Verkehrsführungen sollen die mögliche ÖPNV-Nutzung priorisieren.
- Bessere Fahrplanabstimmung der einzelnen Akteure (DB und GO-Rheinland) untereinander.
- Menschen mit Rollstühlen und Rollatoren sollen ohne fremde Hilfe in den ÖPNV einsteigen können. Die neubeschafften Busse sollen daher sowohl mit einer elektrischen Rampe also auch mit einer zusätzlichen Klapprampe (falls die elektrische Rampe wegen eines Fehlers ausfällt) ausgestattet werden.
- RegioTram vorantreiben und als „ÖcherTram“, ein Straßenbahnnetz für ganz Aachen, weiterdenken.
- Netliner und Ortsbusse für die Erschließung in der Fläche nutzen.
- Ausbau von Park-und-Ride und Bike-und-Ride mit guten Anschlüssen an Bus und Bahn sowie Serviceeinrichtungen (Toiletten etc.).
- Einführung einer solidarischen Finanzierung des Bus- und Bahnverkehrs, sobald das Land NRW die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft.
- Südausgang Aachen Hauptbahnhof vorantreiben und Ausbau des Bahnhofs Aachen-West. Alternative Konzepte für das Fahrradparkaus am Bahnhof Rothe Erde.
- Bau des Haltepunkts in Richterich.
- Prüfung weiterer Haltepunkte für die Euregiobahn.
- Im Falle der Umsetzung der ICE-Direktverbindung Köln-London setzen wir uns nachdrücklich für einen Halt in Aachen ein.
- Bau des dritten Gleises von Aachen in Richtung Köln.
- Beschaffung von Neufahrzeugen mit klimaneutralem Antrieb, WLAN-Ausstattung und Klimaanlage.
- Frauen-Nacht-Taxi einführen.
- Digitalisierung und Vereinfachung des Ticketangebots. Die Barzahlung beim Ticketkauf bleibt weiterhin möglich.
- Konsequente Fortsetzung des barrierefreien Umbaus von Haltestellen und Bahnhöfen.
- Netliner und Ortsbusse für die Erschließung in der Fläche nutzen. Dies beinhaltet auch den E-Cityliner für den inneren Grabenring.
Radverkehr
- Umsetzung der sieben Ziele des Radentscheids mit realistischer Zeitschiene. Möglichst im Rahmen von sowieso notwendigen Baumaßnahmen.
- Wir lassen uns vom Radentscheid inspirieren: Unser Maßstab ist eine sichere und kindgerechte Radverkehrsinfrastruktur.
- Der Grabenring wird Aachens Radverteilerring. Dafür muss der Grabenring eine sichere, komfortable und intuitiv nutzbare Fahrradinfrastruktur erhalten.
- Weiterentwicklung und Lückenschlüsse der Rad-Vorrang-Routen.
- Den Vennbahnweg als wichtige Pendler- und Freizeitstrecke werden wir zum Wohle von Fuß- und Radverkehr weiter ausbauen.
- Die neuen Fahrradparkhäuser am Straßenrand sind ein Erfolg. Die ersten Fahrradparkhäuser sind rund um die Uhr ausgebucht. Wir wollen daher mehr Fahrradparkhäuser in den Wohnvierteln.
- Sicherung der Radstation am Aachener Hauptbahnhof.
Autoverkehr
- Alleenring und Außenring erhalten wir als leistungsfähige Verteilerringe für den Autoverkehr.
- Ein Schwerpunkt ist die systematische Förderung der Verkehrssicherheit insbesondere für die schwächsten und ungeschützten Verkehrsteilnehmenden.
- Wir wollen die Möglichkeiten der überarbeiteten Straßenverkehrsordnung nutzen und überall - wo möglich und sinnvoll - Tempo 30 einführen. Das schützt unsere Kinder und andere schwächere Verkehrsteilnehmer:innen. Außerdem reduzieren wir die Lärmbelastung für viele Aachenerinnen und Aachener.
- Erneuerung des Parkleitsystems zu einem intelligenten und selbsterklärenden System, das den Parksuchverkehr reduziert.
- Private Tiefgaragen und Parkhäuser für die Bewohnerinnen und Bewohner als Quartiersgarage nutzbar machen und - wenn möglich - Quartiersgaragen bauen.
- Sollten bei der Umgestaltung von Straßen oder aufgrund aktualisierter Regelwerke Parkplätze entfallen, wollen wir anhand des stadtweiten Parkraumgutachtens prüfen lassen, ob im Stadtviertel genügend Parkplätze vorhanden sind. Im Bedarfsfall wollen wir mit einer Kombination aus Kurzzeitparkplätzen für Liefern/Laden und Co sowie weiteren - möglichst gebündelten - Parkplätzen reagieren.
- Den orangenen Parkausweis für mobilitätseingeschränkte Personen wollen wir aktiver in die städtische Parkplanung einbeziehen und seine Vergabe deutlich vereinfachen, um die Mobilität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.
- Die Elektrifizierung des Autoverkehrs schreitet voran. Der Ausbau von Ladestationen muss Schritt halten. Sowohl im öffentlichen (z.B. in Parkhäusern und am Straßenrand) als auch im halb-öffentlichen (z.B. auf Firmen- und Kundenparkplätzen) oder im privaten Raum.
Sharing-Angebote - geteilte Mobilität
- Carsharing auch in den Außenbezirken ausbauen.
- Elektrifizierung des Carsharings fördern, damit auch Familien ohne Auto eine klimaneutrale Alternative nutzen können.
- Micromobility-Angebote (wie z.B. Fahrradleihsysteme) weiter ausbauen, um die letzte Meile zu erschließen.
Liefern und Laden, Handwerk und Pflegedienste
- In jeder Straße brauchen wir Parkplätze für kurzes Halten oder Parken.
- Liefern und Laden durch Bewohner:innen und Gäste muss ebenso möglich sein wie die Arbeit von Paket- und Lieferdiensten sowie Speditionen.
- Handwerk und Pflegedienste brauchen Parkplätze in der Nähe des Einsatzortes.
- Es ist weiterhin unser Ziel, den Lieferverkehr auf der „letzten Meile“ zu bündeln.
Leitungsinfrastruktur und Baustellen
- Das Aachener Leitungsnetz ist an vielen Orten in die Jahre gekommen und muss dringend erneuert werden. Egal ob Strom, Glasfaser, Gas, Wasser oder Abwasser - irgendwann ist jede Leitung an der Reihe.
- Baustellen sind daher ein notwendiges Übel, um unsere Infrastruktur gut in Schuss zu halten. Um Baustellenchaos und Verzögerungen entgegenzuwirken, setzen wir künftig auf verbindliche Vertragsstrafen (Pönalen) bei Bauzeitüberschreitungen und mangelhafter Baustellenkoordination.
- Für eine nachhaltige Mobilitätswende muss unsere Verkehrsinfrastruktur teilweise umgebaut werden. Wir wollen dafür vorrangig im Windschatten der sowieso notwendigen Sanierung der Leitungsinfrastruktur agieren, um möglichst wenig zusätzliche Baustellen zu generieren.
- Wir wollen die Tiefbauabteilung nach Möglichkeit durchgängig mit unbefristeten Stellen ausstatten, um eine möglichst reibungslose Abwicklung der Baustellen im Straßenbau zu fördern.
- Alle Baustellen werden auch durch die Abteilung Straßenverkehr und Sondernutzungen begleitet, damit der Verkehr weiterhin fließen kann. Hier wollen wir die Baustellenkoordination und Verkehrslenkung durch zwei Sachbearbeitungsstellen stärken, um besser auf das dynamische Baugeschehen mit Notmaßnahmen und Großbaustellen reagieren zu können.